
..würdest du erschrecken? Heutzutage legen alle ja sehr viel Wert auf die Fassade. Es wird gespritzt, korrigiert und gepudert. Was ja auch im ersten Moment nicht verwerflich ist. Natürlich ist es wichtig, sich in seiner Haut wohl zu fühlen, ich würde lügen, wenn ich das Gegenteil behaupten würde. Doch wir sind an einem Punkt angekommen, dass es wichtiger ist perfekt auszusehen, die neuste Mode zu tragen, als sein inneres zu pflegen. Im Außen zu verändern ist ja einfacher, denn man kann es mit einem bloßen Auge erkennen. Man sieht, man kann es anfassen und relativ schnell anpassen. Man kann schnell auf die Links der Influencer klicken und die neusten Trends zu sich nach Hause bestellen. Doch wenn wir mal ehrlich sind, wie lange hält diese Schönheit? Wie lange kann man sich daran erfreuen?
Ich verurteile niemanden und möchte auch auf niemanden mit dem Finger zeigen, denn ich legte sehr lange Zeit darauf auch meinen Fokus. Vor einigen Jahren, nach meinem Fachabi, fing ich an bei Zara zu arbeiten. Ich wusste nicht wirklich was für eine Lehre ich machen will, denn kurz nach meinem Abschluss trennte ich mich von meinem toxischen Ex. Ich war froh überhaupt meinen Abschluss geschafft zu haben. Auch wenn er schlecht war, war ich irgendwie zufrieden. Innerlich vollkommen tot, suchte ich nach einem Strohhalm und als ich den Job bei Zara erhielt, hatte ich meinen „Sinn“ kurzzeitig gefunden. Ich gab mein ganzes Geld für Klamotten und Zigaretten aus. War ständig unterwegs und pflegte einen Lifestyle der aus Story machen, neusten Klamotten und Partys bestand. Mir war es wichtig immer gut auszusehen, sodass niemand mitbekommt, wie es mir wirklich ging. Denn wenn ich mal was davon erzählte, bekam ich Mitleid, ihr müsst wissen ich bin sehr emotional und nah am Wasser gebaut und mit Mitleid konnte ich nichts anfangen. Es war einfacher sich um seine Oberfläche zu kümmern, als sich mit seiner inneren Welt auseinanderzusetzen. Und wie es dann halt so ist, zieht man einen Haufen oberflächlicher Menschen in sein Leben. Von wahrer Erfüllung keine Spur. Man lebt für den Moment und der glückliche Zustand verschwindet Augenblicklich, wenn man alleine ist. Sobald die Ruhe einkehrt, wird man unruhig. Man scrollt durch Instagram, macht Storys, sucht Aufmerksamkeit nur um sich seinem schreienden inneren nicht zuwenden zu müssen. Denn es könnte ja unangenehm werden. Man könnte zusammenbrechen. Also lebt man lieber ein lautes Leben, was immer lauter wird, denn auch dein inneres Schreit immer mehr.
So vergingen JAHRE! Innerlich sehnte ich mich nach ehrlichem Austausch, nach Menschen mit wahren und aufrichtigem Interesse. Doch von ihnen gab es keine Spur in meinem Leben. So wechselte ich meinen Job und arbeitete fortan bei Kult. Ein weiteres Jahr verstrich, meine innere Leere glich einem schwarzen Loch, welches mich von innen auffraß. Mein Kleiderschrank wurde immer voller, doch mein Inneres immer leerer. Es ging soweit bis ich meine Lebenslust verlor, denn ich hatte auch mit anderen Süchten zu kämpfen. So konnte es nicht weitergehen, ich versuchte nun auch meinen angeblichen „Freunden“ zu sagen, dass es mir wirklich nicht gut ging und schrie förmlich um Hilfe. Doch ich wurde wie immer nur belächelt. Wie sollten sie das auch verstehen? Sie waren Menschen die ich kennengelernt hatte, als ich nicht nach meinen wahren Werten lebte, sondern nach Werten die ich mir erschaffen hatte um mich eben nicht mit meinen Problemen auseinander zu setzen. Und so kam eines zum anderen und ich entschloss, meinen Job zu kündigen und abzuhauen. Ich wollte nie wieder kommen. Ich musste hier raus. Ich buchte mir ein Oneway Ticket nach Gran Canaria, lebte und arbeitete dort in einem Hippie Hostel. Ich packte einen 20kg Koffer voll mit Klamotten und den heftigsten Outfits die ich hatte. Ich konnte kaum Englisch, aber es war mir egal. Der Schmerz war größer als die Angst zu versagen. Die ersten Wochen waren hart, denn meine Aufgaben waren neben dem putzen, auch das Check in von Gästen, was für mich ohne wirklich Englisch zu können sich als schwierig erwies. Doch das war für mich persönlich nicht so schlimm, wie sich nicht mitteilen zu können. Alle Volunteers in dem Hostel waren so unglaublich lieb und interessiert, jedoch ich brachte kaum einen Satz heraus. Ich war frustriert, doch das erste mal in meinem Leben wurde ich gesehen und nicht bewertet. Einfach nur gesehen. Ich musste nicht um meinen Platz kämpfen, ich bekam meinen Raum einfach. Und ich rede nicht von Zimmern oder echten Räumen, wir teilten dort mit sieben Menschen ein Zimmer, sondern den mentalen Räumen, dem Platz dem eigentlich jedem Menschen zusteht. In Deutschland war es so, wenn du dir deinen Platz nicht genommen hast, wurde dieser von anderen beansprucht. Dort war es anders. An einem Tag kam Mark zu mir, er war um die 40 Jahre alt , kaum aus Großbritannien und ebenfalls Volunteer. Er sagte nach dem er mich eine Weile bei meiner Arbeit beobachtete: „Ich weiß nicht, aber ich glaube du trägst einen riesen Schmerz in dir und gleichzeitig eine große Lebenslust. Ich glaube du hast sehr schlimme Dinge in deinem Leben erlebt, ich sehe es in deinen Augen und trotzdem haben deine Augen das strahlen nicht verloren.“ Ich war baff. Wirklich baff. Das was ich meinen ‚Freunden‘ in Deutschland versucht hatte vergeblich zu erklären mit abertausenden Worten, sah ein fremder Mensch, ohne Worte.
Ich verstand alles was er sagte, jedoch ließ es mein Englisch nicht zu zu antworten und ohnehin hätten mir auch im Deutschen die Worte gefehlt.
Wisst ihr, das hat mich eine sehr lange Zeit beschäftigt. In den 2,5 Monaten die ich dort verbrachte, trug ich 2 paar Short 2 Tops und 1 Tshirt. Denn es war einfach so egal wie man aussah. Jeder Mensch strahlte von innen. Jeder Mensch war auf seine Art und Weise wunderschön. Den das innere von jedem war gepflegt.
Nach dieser Zeit wurde mir immer klarer wie unwichtig doch das Außen ist. Wie vergänglich das Glück der oberflächlichen Schönheit ist.
Natürlich bin auch ich immer wieder dem ganzen verfallen. Doch es wurde immer weniger und weniger. Es ist nun ca. 5 Jahre her, dass ich diese Erfahrung machen durfte. Meine Einkäufe habe ich auf ein Minimum reduziert. Schuhe kaufte ich mir damals im Monatstakt und nun ist es 1,5 Jahre her, dass ich mir ein neues paar Sneakers gönnte.
Mein Instagram Konto habe ich in den letzten Jahren länger deaktiviert, als aktiviert.
Und heute sitze ich vor meinem Kleiderschrank mit tausend Klamotten und frage mich wieso ich mich davon nicht trennen kann und das obwohl ich davon maximal 1/20 trage.
Ich denke es ist an der Zeit sich von dem meisten zu trennen, denn so viel mit sich rumschleppen macht meiner Meinung nach eigentlich keinen Sinn. Denn es ist nicht nur der äußere Raum der beansprucht wird, sondern eben auch der mentale.
Meine Mutter pflegte immer zu sagen: „So wie es in deinem Zimmer aussieht, sieht es auch in deinem Inneren aus.“ Was soll ich sagen, sie hat recht.
In diesem Sinne, passt gut auf euch und eueres Inneres auf. Ein Frühjahrsputz kann auch von innen reinigend wirken.
Bis ganz bald und habt euch wohl,
eure Katjüscha ♡